Amazon und die Gewerkschaft: Schöne, neue Arbeitswelt?

Es hört ganz einfach nicht auf. Wir hören immer wieder Schreckensmeldungen von Amazon. Die Menschen würden sich dort wie Maschinen fühlen, jeder Arbeitsschritt sei bis aufs kleinste rationalisiert und auf Effizienz ausgerichtet. Die MitarbeiterInnen würden sich dementsprechend unwohl fühlen und die Krankenstände seien dementsprechend hoch. Außerdem wird auch noch jeder Arbeitsschritt überwacht. Dem nicht genug: Die Mitarbeiter von Amazon werden dafür auch noch schlecht bezahlt. Kein Wunder, dass sich die Gewerkschaft ver.di da nur allzu gerne einmischt und für bessere Bedingungen kämpft.

Ich sehe da vor allem ein Problem: Wir haben offenbar verlernt zu sehen, dass unsere Handlungen Konsequenzen haben. Die Warenwelt, die uns online präsentiert wird scheint quasi in einem virtuellen Raum zu existieren. Alles ist schön bunt, wir können den schönen bunten Bildern und Angeboten nicht widerstehen. Also bestellen wir. Klicken das nächste Angebot an.

Diese reibungslosen, hoch effizienten Abläufe lassen uns vergessen, dass wir mit diesem Klick etwas auslösen. Die Waren kommen nicht frei Haus zu uns, sondern es stehen meist hoch-effiziente Systeme dahinter, in denen Menschen mehr Maschinen als Menschen mit Wünschen, Fähigkeiten und Sehnsüchten sind. Kurzum: In einer Welt, in der alles schneller und effizienter werden soll, werden auch Menschen zu kleinen Rädchen in einer riesengroßen Maschinerie.

Nun bin ich ja nicht zwangsläufig ein Freund von Gewerkschaften. Diese stehen oftmals auch für Stillstand, für Blockade oder für was weiß ich noch alles. In den österreichischen Medien kann man sich da ganz klar ein Bild davon machen. Aber vor allem die Gewerkschaften in Deutschland, allem voran ver.di, scheint sich tatsächlich für Arbeitsbedingungen einzusetzen, die eigentlich Standard sein sollten, es aber bei Unternehmen wie Amazon & Co. nicht sind. Ich bewundere ihren Einsatz und finden ich überaus notwendig.

Diese Flagge sah man in letzter Zeit öfters...
Diese Flagge sah man in letzter Zeit öfters…

Die Gewerkschaft vs. Amazon: Auf verlorenem Posten!

Aber: Ich bin nicht der Meinung, dass sich dadurch viel ändern wird. Ja, natürlich: Unter Umständen werden marginal bessere Arbeitsbedingungen heraus gehandelt. Das ist schön und natürlich begrüßenswert. Aber es ist klar: Die Gewerkschaft steht hier eigentlich auf verlorenem Posten. Nicht weil ihre Mittel wie Streik oder ähnliches per se wirkungslos wären. Sondern weil sie mit ihrer Haltung und mit ihren Forderungen auf verlorenem Posten stehen.

Weil eine Gewerkschaft einen ganz anderen Arbeitsbegriff im Sinn hat, als es Konzerne wie Amazon haben. Geht es bei den Gewerkschaften um den Menschen, so geht es bei großen Unternehmen nur darum, wie diese Menschen sich als kleines Rädchen in einen hocheffizienten Prozess einfügen können. Der Mensch verschwindet hinter den durchrationalisierten Abläufen und wird zur Maschine.

Er wird nicht mit seinen Wünschen, Sehnsüchten und Fähigkeiten in ein Arbeitsumfeld eingebettet, sondern ihm werden diese Eigenheiten und menschlichen Besonderheiten ausgetrieben, damit er möglichst passgenau funktionieren kann. Der Mensch wird standardisiert, Abweichungen und persönliche Eigenheiten sind nicht erwünscht.

Ist das wirklich die schöne, neue Arbeitswelt?
Ist das wirklich die schöne, neue Arbeitswelt?

Die Frage ist eigentlich einfach: Wie können wir diesen riesigen Maschinerien und Konzernen das „Handwerk legen“? Ich glaube die Antwort darauf ist schon im bisherigen Text versteckt. Wir müssen uns wieder bewusst werden, was wir tun. Wir müssen Dinge wieder bewusst tun. Wir sollten uns nicht mehr von der schönen, bunten Warenwelt versuchen und verlocken lassen, sondern wir sollten uns fragen, was wir wo kaufen und welche Arbeitsbedingungen dahinter stehen.

Wenn wir diese Fragen zureichend beantworten, dann könnte es wieder bergauf gehen. Wenn wir wieder wüssten, was wir kaufen und wie die Produkte produziert und verschickt werden, dann würde sich der Kampf von Gewerkschaften ohnehin erledigen. Wir würden wieder in vollem Bewusstsein und mit reinem Gewissen kaufen.

Denn das ist der Punkt: Sobald wir die Produktions- und Arbeitsbedingungen bei Amazon & Co. kennen müssten wir eigentlich ein schlechtes Gewissen haben dort zu kaufen. Viele haben noch nicht einmal das. Wenn wir aber nachdenken, dann, da bin ich sicher, stellt sich sehr schnell ein schlechtes Gewissen ein. Wir werden damit umgehen lernen müssen und wir werden nach Alternativen suchen müssen. Es ist nur eine Frage der Zeit.

Vielleicht finden wir diese Alternativen bald? Ich würde es mir wünsche. Für die Konsumenten als auch für die arbeitenden Menschen, die dann endlich wieder Menschen sein dürfen und keine Maschinen sein müssen.

Amazon und die Gewerkschaft: Schöne, neue Arbeitswelt?
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Von in 4Betterdays