Für die Nachhaltigkeit! Für das Leben! Gegen den Begriffs-Zynismus!

Ja, es stimmt. Das Wort „Nachhaltigkeit“ wurde zu oft in falschen Zusammenhängen benutzt. Das Wort wurde „vergewaltigt“ und missbraucht. Es wurde eine leere Worthülse, weil es einmal zu oft zu Marketingzwecken eingesetzt wurde. Mittlerweile haben wir das Gefühl, dass Nachhaltigkeit in einer Reihe mit „Bio“ und anderen Worthülsen stehen könnte. Doch das stimmt so nicht. Nur weil Worte sich leer und schal anfühlen, weil sie zu oft und achtlos ausgesprochen wurden, ist es noch lange nicht der Fall, dass die mit dem Begriff ursprünglich verbundenen Handlungen wirkungslos und wertlos geworden sind. Ganz im Gegenteil!

Die Sache mit den Worten ist einigermaßen kompliziert. Die Frage der Fragen ist einfach und salopp formuliert: Waren die Handlungen oder die Begriffe zuerst da? Hat es zuerst die Handlungen gegeben, die einen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz geleistet haben und sind dann erst Begriffe wie „Öko“, „Bio“ oder „Nachhaltigkeit“ gekommen? Ich behaupte: Definitiv ja.

Das Problem ist also eigentlich ganz klar einzugrenzen. Wir haben den Begriffen den Vorzug gegeben. Haben uns mit ihnen geschmückt. Haben sie zu unseren Gunsten und Zwecken missbraucht. So lange bis diese Begriffe gänzlich leer waren. Der ursprünglichen Intention beraubt. Wir haben zu viel geredet, schöne Wörter in den Mund genommen und zu wenig gehandelt. Wir haben zu sehr heiße Luft  verkauft und zu oft Nachhaltigkeit gesagt anstatt diese Nachhaltigkeit auch wirklich zu leben.

Wer könnte schon zynisch sein, wenn jemand Bäume pflanzt?
Wer könnte schon zynisch sein, wenn jemand Bäume pflanzt?

Die Konsequenz ist einfach und doch einigermaßen kompliziert: Wir müssen wieder zurück zu den Quellen. An den Ort, an dem einzelne und sinnvolle Handlungen getätigt wurden, denen dann später im Laufe der Zeit das Mäntelchen „Nachhaltigkeit“ übergezogen wurde. Wir müssen herausfinden, welche Handlungen das waren. Wir müssen generell weniger reden, weniger mit Begriffs-Klimbim im Bereich der Werbung und des Marketing hantieren. Wir sollten wieder mehr tun und weniger mit hehren Begriffen darauf aufmerksam machen, dass wir etwas getan haben.

Braucht es den Begriff „Nachhaltigkeit“? Sicher nicht. Aber es braucht Handlungen!

Felix K. bringt in seinem Text auch ein gutes Beispiel, wenn er von der absolut ausgelutschten Formulierung „Heimat und Tradition“ schreibt. Er hat Recht: Auch ich möchte diese Formulierung so selten wie möglich lesen. Ganz einfach, weil sie zwar irgendwann etwas bedeutet hat, mittlerweile aber völlig sinnentleert ist, da sie fast schon beliebig Phänomenen zugeschrieben worden ist.

Die Konsequenz daraus: Wir müssen neue Begriffe finden, um eine Vielzahl an Phänomenen zu beschreiben. Wir müssen unsere Begriffe präzisieren. Dass dieser Begriff leer und hohl geworden ist bedeutet aber nicht, dass es diese Verbindung von Tradition und Heimat in der Realität nicht mehr gibt. Wir müssen uns nur überlegen, wie dieses Phänomen in der Realität wirklich aussehen könnte. Wir dürfen nicht mehr beliebig Zuschreibungen tätigen, sondern wir müssen uns mit der Realität an sich beschäftigen. Wir müssen hinter die Begriffe schauen, auf die Praxis.

Wie gehen wir eigentlich mit unserer Welt um?
Wie gehen wir eigentlich mit unserer Welt um?

Von daher ist klar: Zynismus ist eine Reaktion auf entleerte Begriffe, die keine Realität mehr abbilden. Ich kann mich leicht über hohle Begriffe lustig machen und vorschlagen, dass diese entsorgt gehörten. Das bedeutet aber nicht, dass die Intentionen, Haltungen und Handlungsweisen hinter diesen Begriffe leer und hinfällig geworden sind. Vielmehr müssen sie mit neuem Leben gefüllt werden.

So fällt es ganz gewiss nicht schwer, sich über die Baumpflanz-Aktion von 4betterdays.com lustig zu machen. Leicht könnte man wieder über den Begriff Nachhaltigkeit lächeln und spotten. Aber hier geschieht durchaus auch das, was ich hierzu beschreiben versucht habe: Der Handlung wird wieder der Vorzug gegeben. Es wird nicht laut geschrien, dass wir ja ach so sehr auf Nachhaltigkeit setzen. Es wird getan, um zu tun. Aus Umweltschutzgründen oder was für Gründen auch immer.

Ich empfinde es so, dass das Tun und Handeln ein Wert an sich sind. Natürlich geht es um Nachhaltigkeit. Natürlich ist es ein Projekt der Nachhaltigkeit, wenn Bäume gepflanzt werden. Aber letzten Endes braucht es hier diesen Begriff gar nicht mehr, weil die Konsequenz aus dieser Handlung am Achensee wächst und gedeiht. In der Realität, die Begriffe überhaupt nicht notwendig hat. Ob wir diese Aktion dann Nachhaltigkeit nennen oder nicht ist eigentlich sekundär. Es wurde in der Realität etwas verändert.

Aus dieser konkreten Haltung zur Handlung resultiert möglicherweise irgendwann ein anderer Begriff. Ein Begriff, der weniger oft missbraucht wurde. Nicht noch mehr Begriffe braucht die Welt, sondern Leute, die anpacken. Somit fällt es mir leicht, meinen Zynismus den Worten und Begriffen selbst gegenüber walten zu lassen.

Ob aber Zynismus einer ganz handfesten Aktion gegenüber angebracht ist, muss jeder für sich entscheiden. Mir bleibt aufgrund der konkreten Handlung von 4betterdays.com jedenfalls mein Zynismus im Hals stecken. Eher empfinde ich Respekt. Ganz einfach weil es mehr Leute bräuchte, die handeln und weniger von denen, die nur reden und mit Begriffen um sich werfen…

Für die Nachhaltigkeit! Für das Leben! Gegen den Begriffs-Zynismus!
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Von in 4Betterdays